Farizet Gilels: Schritte

Farizet Gilels

Er liebte leichte, bequeme Schuhe, er schnürte sie schnell und ansprechend zu, mit einem besonderen „Knoten“, indem er sich sitzend zu dem einen, dann zum anderen Fuß niederbeugte. Die Schuhe reinigte er mit einem gelben, flauschigen „Requisit“ mit schnellen, kurzen Bewegungen. Er liebte die sommerlichen italienischen, fast ein wenig stutzerhaften, wie die „seriösen“ Lackschuhe. Für die Straße bevorzugte er englische – aus wasserdichtem Wildleder. Schuhwerk wählte er entschlossen, schnell, während er sie anprobierte wohl überlegend, ob der Fuß auch nicht das kleinste Unbehagen fühlte…

Am Klang der Schritte konnte man seinen inneren Zustand erkennen.

Eilige Schritte, sichere, schnelle, in Schnürschuhen aus Chromleder, die kontrollierten, ob alles in Ordnung war, bevor er aus dem Haus zum Flughafen ging. …Energische Schritte eines „zur Arbeit“ Gehenden. Schritte vor dem Auftritt in einem Konzert im Großen Saal – „Frack“-Schritte, der wie gemeißelte Schritt eines Menschen, der den Gang „nach Golgatha“ antritt, aber mit Würde und Selbstvertrauen.

Schritte in Hausschuhen (das Wort „Pantoffeln“ liebte er nicht), Schritte, eines munter zum Frühstück Gehenden. Schlurfende Schritte von einem dreimonatigen, nicht vergehenden Schmerz in der Schulter, von völliger Schlaflosigkeit, …kraftlose Schritte nach der Sauna – erleichterte, leichtfüßige, übermütige, die eine „Zentner-last Müdigkeit“ abgeworfen hatten.

Der Klang der Schritte, die auf die Bühne hinaustraten… Es waren energische, schnelle, in deren Ungestüm sich die kolossale Anspannung entlud, – kämpferische, sich selbst nicht schonende…

Schritte in der Freizeit, sanfte, „katzenhafte“, „nicht kontrollierbare“, in einem federleichten, luftigen „Harnisch“ aus geflochtenem Wildleder… oder Sommermokassins, „gelbe, bequeme Handschuhe“. Schritte eines ins Wasser Gehenden – zaghafte, vorsichtige, unsicher das Gleichgewicht haltende in der Brandung vor dem kalten Meer, als würden sie mit einem möglichen Hindernis rechnen. Schritte eines Wanderers am Strand von Riga entlang, der eine beträchtliche Distanz aufwies – weiche, tragende, leichte, junge, sportliche, vorwärts strebende (mit Humor sich selbst gegenüber!) Schritte an Deck der Transatlantik-Schiffe, der Dampfer. Er wurde seekrank, wie viele andere. Tapfer ging er, die Sohlen nicht vom Boden hebend, an der Wand entlang sich an dem Seil festhaltend, das von der Verwaltung vorsorglich angebracht worden war…

Schritte nach der Herzkrankheit – mit großen Pausen, unsichere und voller Selbstzweifel (werde ich es schaffen?). Große Schwäche und notgedrungene Vorsicht hatten die Hoffnung erschöpft…

Schritte, die dem Enkel entgegengingen… Kurze, trippelnde, „großväterliche“. Er verstand es, die Ruhe anderer zu wahren. Lautlose Schritte, einfach federleichte vor Mitgefühl und dem Wunsch, die Ruhe des Nächsten nicht zu stören. „Auf Zehenspitzen“ konnte er nicht gehen. Schritte, die mit Max zu einem Spaziergang aufbrachen, die Max Ungeduld signalisierten, gemessene, gute („jetzt geht Mäxchen spazieren, Freundchen geht mit dem Lieben“).

Schritte der Empörung, zornige, gegenüber Ungerechtigkeit unduldsame, unversöhnliche… Müde vom vergeblichen Gang durch die Polyklinik. Kurze Schritte, sich verlagernde, sich ins Auto setzende.

Ausgebrannte Schritte, schwere, bleierne, die über die Stufen des Waggons von seiner letzten Reise herabstiegen…

Moskau, 1987

Leonid Gakkel Boris Goldstein