Zubin Mehta

Zubin Mehta

Ich habe nur die schönsten Erinnerungen an Emil Gilels, sowohl als Künstler wie als Mensch. So viele gemeinsame wunderbare Konzerte in Montreal, Los Angeles, New York und an der Scala kann ich nicht aus meinem Gedächtnis löschen.

In besonderer Erinnerung ist mir ein Abend in Los Angeles, an dem er neben Rachmaninows 3. Klavierkonzert mit seiner Tochter auch noch das Konzert für zwei Klaviere von Wolfgang Amadeus Mozart gespielt hat. Es tut mir noch immer leid, dass er den Untergang der Sowjetunion nicht mehr erlebt hat und nicht als freischaffender Künstler in die Welt reisen konnte, wie er wollte. In seinem letzten Konzert in New York haben wir Tschaikowskys 1. Klavierkonzert nicht nur im Konzert aufgeführt, sondern auch aufgenommen. Ich habe es immer bedauert, daß ein eminenter Künstler wie Emil Gilels dafür nur $ 600 bekommen hat und den Rest seiner Tantiemen an die Sowjetunion abgeben musste.
Zu besagtem Besuch in New York gibt es eine nette Anekdote: Ich hatte Emil und seine Frau an einem Sonntag zum Mittagessen zu uns eingeladen. Er wollte dieser Einladung natürlich ohne seine ewigen Begleiter folgen und so vereinbarten wir ein ganz geheimes Rendezvous: Um 12.13 Uhr vor dem Essex House sprangen die beiden in meinen wartenden Wagen und wir konnten die Bewacher abschütteln.

Meine Frau hatte mich gebeten, auf dem Weg nach Hause noch eine Torte auf einem Markt an der 72. Straße zu besorgen. Als Emil und ich die Nachspeise gerade aussuchten, schrie seine Frau von der Ferne als hätte sie das achte Weltwunder entdeckt: "Emil! Ich habe Avocados gefunden!". Natürlich haben wir auch ein paar Kilo Avocados gekauft und das Mittagessen war ein großer Erfolg.

Ich vermisse meinen Freund Emil sehr, denn sein Musizieren und seine Humanität, die nur noch mit David Oistrach zu vergleichen sind, waren wirklich ganz besonders in seiner Zeit.

München, Juli 2006

Kurt Masur Rodion Schtschedrin